1. Die vollbetreute Wohngemeinschaft ist ein stationärer Dienst außerhalb bestehender großer Sozialeinrichtungen für Menschen mit Behinderungen. Der Dienst bietet sozialpädagogische Begleitung, Betreuung und Pflege, in der Regel in Kombination mit der Nutzung von teilstationären Diensten oder Maßnahmen zur Arbeitseingliederung oder Arbeitsbeschäftigung. Er stellt eine Alternative zur Unterbringung in der Familie dar und berücksichtigt die Wohnerfordernisse einer erwachsenen Person.
2. Die Zwecke der vollbetreuten Wohngemeinschaft sind:
a) Erwerb, Ausbau und Erhalt der Fähigkeiten und Kompetenzen zur Bewältigung des Alltagslebens und der Freizeitaktivitäten,
b) Erhalt und Ausbau der persönlichen Autonomie und Förderung der Selbstbestimmung,
c) Normalisierung des Alltagslebens,
d) Aufbau und Pflege eines Netzes sozialer Beziehungen,
e) Inklusion und größtmögliche Teilhabe am Leben der Gemeinschaft.
3. Die vollbetreute Wohngemeinschaft richtet sich an Menschen mit Behinderungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 des Gesetzes:
a) die sozialpädagogischer Begleitung bedürfen,
b) die einer dauerhaften Betreuung und Pflege bedürfen,
c) die der ständigen Anwesenheit von Fachkräften bedürfen, nachts in der Regel nur in Form einer sofortigen Abrufbereitschaft,
d) die in der Regel tagsüber einen teilstationären Dienst oder eine Maßnahme zur Arbeitseingliederung oder Arbeitsbeschäftigung nutzen,
e) deren Bedarf an den Gesundheitsleistungen der Rehabilitation und Krankenpflege innerhalb der vollbetreuten Wohngemeinschaft nicht die in den Akkreditierungsrichtlinien festgelegten Parameter übersteigt,
f) die in Wohnungen wohnen können, die für die Pflege und Betreuung keine zusätzlichen speziellen Räume vorsehen.
4. Die vollbetreute Wohngemeinschaft stellt für die Nutzerinnen und Nutzer eine vorübergehende oder eine dauerhafte Unterkunft dar. Die Dauer des Aufenthalts ist an das individuelle Projekt gebunden.
5. Die Aufnahme von Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, ist nur in Ausnahmefällen zulässig.
6. Vollbetreute Wohngemeinschaften haben in der Regel Wohneinheiten, die sechs Plätze nicht überschreiten. Ausgenommen sind die bereits vor dem Anwendungsdatum dieser Richtlinien bestehenden Dienste.
7. Beim Übergang in die eigene Wohnung wird der Nutzer oder die Nutzerin, wenn notwendig, durch den Dienst der sozialpädagogischen Wohnbegleitung begleitet. Vor dem eventuellen Übergang zum Dienst der sozialpädagogischen Wohnbegleitung kann das Personal der vollbetreuten Wohngemeinschaft bei Bedarf für einen maximalen Zeitraum von zwei Monaten die Begleitung der Nutzerin oder des Nutzers in der eigenen Wohnung fortführen. Das Personal der vollbetreuten Wohngemeinschaft kann für einen maximalen Zeitraum von zwei Monaten die Begleitung der Nutzerin oder des Nutzers auch bei Übergang in andere Formen unterstützten Wohnens fortführen.
8. In den vollbetreuten Wohngemeinschaften können einzelne Wohnplätze für Kurzzeitaufnahmen vorgesehen werden mit folgenden Zielsetzungen:
a) zur Entlastung der Familien,
b) für Notfälle,
c) zur Erprobung dieses Wohndienstes.
9. Zur Förderung der Inklusion können einzelne Plätze innerhalb der vollbetreuten Wohngemeinschaften an Studierende oder andere von der Trägerkörperschaft bestimmte Personengruppen vergeben werden. Die Aufnahme dieser Zielgruppen ist an die Verpflichtung gebunden, an den von der Trägerkörperschaft festgelegten Aktivitäten für eine von dieser bestimmte Anzahl von Stunden aktiv am Leben der Gemeinschaft teilzunehmen.